Hundehalter, vor allem Ersthundehalter, haben eine sehr große Erwartungshaltung an den Hund. Einige oder auch viele haben sich vorher eingehend mit dem Thema Hund beschäftigt, überlegt welche Eigenschaften der Hund ihrer Träume haben soll etc.
Die Wünsche und Erwartungen an einen Hund sind kontinuierlich gestiegen. Früher sollte der Hund einfach Haus / Hof bewachen, manche Hunde waren zu einem bestimmten Zweck (Jagdhunde, Diensthunde) da - fertig. Dieses Bild hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt.
Heute soll der Hund ein Familienmitglied sein, bestens erzogen um alle Aktivitäten mitzumachen ohne dabei negativ aufzufallen, jedoch, falls man gerade keine Zeit für ihn hat, soll er ruhig und zufrieden auf seinem Plätzchen/Körbchen liegen und geduldig warten, bis der Mensch wieder Zeit hat.
Einerseits soll er Menschen freudig jedoch zurückhaltend begrüßen, andererseits möglichst selbst erkennen, wenn ein Mensch das nicht mag, er soll sich bereitwillig von jedem streicheln lassen, das aber nicht selbst einfordern. Er soll jederzeit Lust haben mit seinem Menschen zu spielen bzw. anderweitig aktiv zu sein, soll freundlich zu allen anderen - Mensch wie Hund und jedes andere Tier - sein, jedoch auch beschützen sollte das nötig sein.....
Tja. Ich bin noch lange nicht fertig mit den Anforderungen an unsere Hunde in der Gegenwart - nur man erkennt jetzt schon, dass hier die "eierlegende Woll-Milch-Sau" in der Vorstellung besteht.....
Die meisten Hundehalter holt die Realität jedoch sehr schnell ein. Egal ob sie sich einen Welpen aus einer Rassezucht, einen Tierschutzhund, einen Hund von einem "Vermehrer" holen. Ja, die "Vermehrer", die sich jedoch als Züchter darstellen, sind ein sehr großes Problem, leider, besonders seit Corona.
Das größte Problem allerdings ist, dass die Führungsqualität der Hundehalter nicht da ist - viele erwarten, dass der Hund von selbst ihre Erwartungen erfüllt. Doch nicht umsonst heißt es "Hundeführer". Fast jeden Tag werde ich von genervten Hundehaltern gefragt weshalb ihr Hund dieses oder jenes unerwünschte Verhalten an den Tag legt - meine Antwort ist in 99,9% der Fälle "weil du es zulässt".
Führung hat einfach mit Erziehung und Leitung im Alltag zu tun. Viele Hundehalter verbinden Entspannung, Freude, Freizeit mit dem Hund, das ist ja auch in Ordnung - nur das Verhalten, die Erziehung, das Vermitteln des "kleinen Hunde 1x1" ist Arbeit - viel Arbeit, viel Geduld, viel Training, viel Freude und natürlich auch viel Enttäuschung, Lernen, sich mit dem Hund beschäftigen....
Realität und Wunsch klaffen da sehr oft auseinander - meine Aufgabe ist es, Wunsch und Wirklichkeit schrittweise durch alltagstaugliches, individuelles Training in Einklang zu bringen.
Jetzt nach den Ferien, oft auch bedingt durch Homeoffice während der Corona-Einschränkungen stellt sich wieder öfter das Problem - der Hund will (oder kann) nicht alleine bleiben. Die Ferien sind vorbei, die Möglichkeiten vom Home-Office sind nicht mehr gegeben, der Hund soll möglichst entspannt zu Hause bleiben.
Wenn man über ein großes Haus mit genügend Abstand zum Nachbarn verfügt, ist es für die anderen Menschen nicht weiter schlimm wenn der Hund bellt oder jault. Da bekommen es die Besitzer oft gar nicht mit, dass der Hund zu Hause keine Ruhe gibt - da sie kein genervter Nachbar darauf hinweist. Anders verhält es sich in Wohnungen, Reihenhäusern oder in verdichteter Bauweise - da kann es schon sein, dass es Belastungen der Nachbarn durch den Hund gibt, diese das dann auch ansprechen.
Die gute Nachricht: das kann trainiert werden. Es ist ein Unterschied ob es um Kontrollverlustangst oder Verlustangst beim Hund geht, ob es eventuell auslösende Faktoren von außen gibt etc.
Es ist jedoch nicht hilfreich den Hund mit aversiven Maßnahmen so einzuschüchtern, dass er sich lediglich nicht mehr traut auch nur einen Laut von sich zu geben (Abwerfen, "Korrigieren", andere körperliche Übergriffe) - da lernt der Hund nur noch mehr Angst und Panik, ist vielleicht zwar still aber leidet und zittert still vor sich hin. Das kann nicht das Ziel eines verantwortungsvollen Hundehalters sein, der seinen Hund gerne hat.
Nicht aversives Training , bei dem der Hund lernt entspannt alleine zu bleiben, ist möglich. Abgestimmt auf den Hund und die individuelle Situation.
In diesem Sinne - mit dem richtigen Know-How zum Do-How im Alltag.
Ich wünsche euch allen einen entspannten Ferienausklang und ruhige und entspannte (nicht ängstliche und eingeschüchterte) Hunde
Tja, was soll ich sagen..... der Ball scheidet die Geister, die Trainer, die Hundehalter...
....und stellt sie vor schwere Entscheidungen ("kalter Enzug", gar nicht mehr spielen..), macht oft ein schlechtes Gewissen, ist Streitobjekt.
Erst gestern war ich bei einem Hund, dem von einem anderen Trainer das Spielen mit dem Ball strikt verboten wurde. Beim Test stellte sich dann heraus, das dieser Hund auf keinen Fall ein Balljunkie ist. Ganz im Gegenteil. Bei diesem Hund ist es rein Spaß am Spiel, an der Bewegung, keine Sucht zu erkennen, der Ball war ein Teil unter vielen anderen Möglichkeiten. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht "Spielsucht", "Ballsucht" - also die wirklichen "Balljunkies" gibt - dieser eine Hund gehörte jedoch definitiv nicht dazu, was bei den Besitzern große Erleichterung ausgelöst hat und den Umgang mit dem Hund und der Tagesgestaltung mit dem Hund wieder einfacher und entspannter gemacht hat.
Der Ball kann wunderbar eingesetzt werden - als Spiel, als Belohnung, als Motivation. Wie alles, ...... ok, nein,.... der Ball hat nicht zwei Seiten......ist ja rund..... aber der Einsatz vom Ball hat verschiedene Seiten - man kann Sucht erzeugen (manche Hunde sind da auch genetisch vorbelastet) oder man kann Ballspiel gezielt und in Maßen als sportliche und erfreuliche Abwechslung im Hundealltag einsetzen - wie immer..... mit dem richtigen Know-How zum Do-How im Alltag...
Ich weiß wirklich nicht, wann das Märchen entstanden ist, dass sich alle Hunde freundlich begrüßen sollen, ja - noch besser - alle Hunde MÜSSEN(!) sich begrüßen - und sich alle ganz lieb haben, spielen und freundlich zueinander sein - alles andere wären schlecht sozialisierte, gestörte Hunde.
Da kann ich nur sagen - so ein Schwachsinn.
Wir fallen ja auch nicht jedem Menschen, der uns entgegen kommt um den Hals, begrüßen uns freudig und erzählen uns privateste Dinge aus unserem Leben. - Da würden wir bald in der "Geschlossenen" landen - zumindest mal für eine Weile.
Nicht jeder Hund mag jeden anderen Hund - das ist auch sein gutes Recht. Jeder Hund hat das Bedürfnis nach Individualdistanz, wenn das unterschritten wird, kann er das schon mal vehement einfordern. Auch wir möchten nicht, dass andere Menschen unsere "Wohlfühldistanz" unterschreiten.
Was ein Hund jedoch lernen kann, ist etwas mehr Gelassenheit beim Anblick anderer Hunde. Er kann lernen in angemessenem Abstand an anderen Hunden vorbei zu gehen, immer noch auf die Signale seines Menschen zu hören und den anderen Hund bestmöglich zu ignorieren. Dazu gibt es auch die Hundebegegnungstrainings, bei denen es um nichts anderes geht. Training - Hundebegegnung - Hunde-Team.at
In diesem Sinne, ihr habt keinen "gestörten" Hund, wenn euer Hund nicht immer und überall und zu jedem Hund freundlich ist. trainierbar ist eine angemessene Gleichgültigkeit und Gelassenheit.
Dem Hund einen möglichst ruhigen, „unwichtigen“ Ruheplatz im Haus / in der Wohnung zuweisen bzw. ermöglichen, an dem er wirklich zur Ruhe kommen kann. Nicht gut geeignet sind Durchgangsräume, das Vorzimmer, zentrale Plätze.
Das Füttern sollte an einem Platz erfolgen, der eher wenig frequentiert ist – also ebenfalls nicht in Durchgangsbereichen, Vorzimmer, etc. - das kann, selbst bei einem sehr duldsamen Hund zu Stress und „Missverständnissen“ führen, die den entspannten Alltag stören. Das ist besonders wichtig in Haushalten mit Kleinkindern / Kindern / Haushalten mit viel Besuch
Nicht der Hund, sondern ihr bekommt Besuch – das sollte auch eurem Vierbeiner klar sein. Falls das nicht so ist, „Besuchertraining“ machen – bis euer Hund akzeptiert, dass er nicht derjenige ist, der den Besuch in Empfang nimmt
Der Hund muss nicht jeden anderen Hund lieben und freudig begrüßen. Ihr entscheidet wann und mit wem Kontakt aufgenommen werden darf. Dabei ist es nicht automatisch so, dass euer Hund den Hund von euren Verwandten oder Freunden genauso gerne mag wie ihr die betreffenden Menschen. Im besten Fall verstehen sich Menschen und Hunde gleich gut, dafür gibt es allerdings keine Garantie – für den Fall, dass euer Hund mit dem Hund oder den Hunden eurer Verwandten oder Freunde „nicht kann“, einfach trainieren, dass sich die Hunde zumindest neutral akzeptieren, genug Raum zwischen die Hunde bringen, und ihnen z.B. ein „Platz“ an verschiedenen Ecken geben – möglichst auch ohne Blickkontakt (daran denken, dass „Fixieren“ die erste Eskalationsstufe ist). Vorsicht bei herumliegenden Hundespielzeug oder Kauartikeln – da kann es schnell zu Streitigkeiten kommen.
Ein ausgelasteter Hund ist ruhiger und besser zu führen, als einer, dem „fad“ ist – daher daran denken, dass euer Hund möglichst für ihn passend ausgelastet und beschäftigt wird. Mir ist klar, dass das im Alltag oft herausfordernd ist. Denkt daran, dass damit nicht stundenlange Spaziergänge gemeint sind – mehrmals 10 bis 20 Minuten Training, in dem der Hund seinen Kopf anstrengen muss sind da viel effektiver und leichter im täglichen Zeitplan unterzubringen.
Sorgt auch für Auslastung bei Spaziergängen. „Nur“ gehen ist für einen Hund nicht erfüllend, daher sorgen die Hunde dann selbst für Ablenkung, suchen Spuren, anderen Zeitvertreib, sind unaufmerksam, ziehen an der Leine, beschäftigen sich selbst bzw. auf jeden Fall nicht mit euch. Nehmt Spielzeug mit, gebt dem Hund Aufgaben beim Spaziergang. Hin und wieder ein Grundkommando abfragen, Sitz oder Platz auf Distanz üben, den Rückruf mal abfragen, das Spielzeug verstecken und suchen lassen, mal ein Leckerli fallen lassen oder verstecken und euer Hund darf es suchen, es gibt viele Möglichkeiten, den Hund beim Spaziergang nicht sich selbst zu überlassen. Dann ist auch der Hund im Kopf bei euch und hat für „Unsinn“ nicht so viel Energie ;-)