Kastration - der Problemlöser?

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Immer noch oft empfohlen - die Kastration, weil der Hund dann "brav" wird

Immer wieder als "einfacher" Problemlöser empfohlen - die Kastration.

Immer noch höre ich von vielen Kunden, dass ihnen, besonders bei jungen Rüden, eine Kastration als ultimativer "Problemlöser" für alle Erziehungsprobleme als gut gemeinter Ratschlag von Nachbarn, Bekannten, ja sogar von Hundetrainern genannt wird. Eine Kundin erzählte mir, dass eine andere Hundetrainerin sogar so weit geht, dass sie nur mit kastrierten Rüden trainiert. Unkastrierte Rüden nimmt diese Trainerin gar nicht ins Training. Tja....

Doch ist es so "einfach"?

Ich kann nur sagen, NEIN, so "einfach" ist es durchaus nicht.

Besonders Frühkastrationen haben ihre Tücken. Denn dann kann das Hundehirn die Pubertät nicht durchmachen. Die ist jedoch nötig für eine gesunde Entwicklung, nicht nur körperlich sondern auch geistig. Früh kastrierte Hunde, egal ob männlich oder weiblich, bleiben in der Entwicklung stecken. Vereinfacht gesagt bleiben sie in der Kindheit stecken. Das hört sich vordergründig nett an, doch in der Realität ist das nicht so wünschenswert.

Denn fundierte, ausgereifte Frustrationstoleranz, Impulskontrolle und noch vieles mehr braucht auch die geistige Reifung, die nun mal die Pubertät als Entwicklungsschritt erfordert.

Die möglichen negativen Auswirkungen und die Risiken werden (immer noch) gerne unter den Tisch gekehrt. Natürlich, die Kastration ist eine "Routine-OP", trotzdem bleibt das Narkoserisiko, Infektionsrisiko, Risiko von Wundheilungsstörungen, Blutungen, und - nicht zu unterschätzen, die Auswirkungen der oft obligatorisch verabreichten Antibiotika, die dann für nachhaltige, oft lebenslange Darmprobleme führen.

Bei Hündinnen wird (ungerechtfertigt) die Kastration immer noch als die "Vorsorge" sprich "Gesundheitsprophylaxe" gegen Mammatumore oder Gebärmuttertumore angeführt. Das ist zu hinterfragen, denn ganz nach dem Motto "Notlüge, Lüge, Statistik" oder auch "glaube keine Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast" - ist der Wert der "Gesundheitsvorsorge" durch Kastrationen weit übertrieben dargestellt.

Kurzum - die Entscheidung für oder gegen eine Kastration MUSS individuell und gut überlegt getroffen werden. Denn oft verstärkt die Kastration sogar Probleme beim Hund. Besonders bei ängstlichen, unsicheren Hunden / Hündinnen (Angstaggressivität etc.) geht die vermeintliche "einfache Lösung" der Kastration nach hinten los.

Wer da mehr Infos zum Nachlesen haben möchte, ich kann das Buch "Sexualverhalten, Hormone, Kastation bei Hunden" von Sophie Strodtbeck (ISBN 978-3-275-02275-5) bestens empfehlen. Es ist verständlich geschrieben, richtet sich an alle Hundehalter, man braucht kein Medizinstudium um es lesen und verstehen zu können.

Patentlösung ist die Kastration auf jeden Fall nicht, schon gar nicht für mangelnde Erziehung, mangelndes Training.

 

 

 

 

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